70 Millionen Euro für Mason Mount, 100 für Antony, 94 für Harry Maguire und die Posse um David de Gea - Manchester United ist der schlechteste Verhandler im Weltfußball

Erik ten Hag hat für enorme Verbesserungen auf dem Spielfeld gesorgt, aber United wirkt immer noch unbeholfen, wenn es um die Kaderplanung geht.

Im letzten Sommer hat Manchester City mehr Geld mit Transfers eingenommen als Manchester United in den vorangegangenen zehn Jahren.

Lasst das mal einen Moment sacken.

Manchester City hat mit den Verkäufen von Raheem Sterling, Oleksandr Zinchenko und Gabriel Jesus 143 Millionen Pfund (183 Mio. Euro) eingenommen und damit trotz der Verpflichtung von Erling Haaland und Kalvin Phillips für zusammen 95 Millionen Pfund (121 Mio. Euro) einen Gewinn erzielt.

Auf der anderen Seite von Manchester nahm United insgesamt 13 Mio. Euro ein, wovon der größte Teil auf den Verkauf von Andreas Pereira an Fulham entfiel. Im selben Sommer gab United mehr als 244 Millionen Euro aus, allein 100 Millionen für Antony.

Pereira beendete die Saison mit zehn Torbeteiligungen in der Premier League und war einer der einflussreichsten Spieler von Fulham in einer beeindruckenden ersten Saison zurück in der ersten Liga. Antony hingegen war in der Premier League nur an sechs Toren für United beteiligt, wobei er zwischen November und Mai nur ein einziges Mal traf und erst im April eine Vorlage lieferte.

Es mag ein wenig beliebig erscheinen, die Preise von zwei Spielern unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Position und in unterschiedlichen Stadien ihrer Karrieren zu vergleichen, aber angesichts ihrer Leistungen in der vergangenen Saison kann man mit Fug und Recht behaupten, dass United Pereira unter Wert verkauft und für Antony viel zu viel bezahlt hat.

Zwar macht jeder Verein auf dem Transfermarkt Fehler und Geschäfte können nur im Nachhinein beurteilt werden, aber United hat sich auf dem Transfermarkt sowohl beim Kauf als auch beim Verkauf von Spielern als sehr schlechter Verhandlungspartner erwiesen.

Und es gibt auch kaum Anzeichen für eine Verbesserung. Jetzt stimmten die Verantwortlichen von United zu, bis zu 70.5 Millionen Pfund für Mason Mount zu zahlen, obwohl der sich im letzten Jahr seines Vertrags mit Chelsea befand und bwohl Chelsea unbedingt Spieler verkaufen und Cash generieren muss und sich daher alles andere als in einer guten Verhandlungsposition befand. Aber mit United kann man es ja machen.

Auch das Angebot für einen neuen Vertrag für Torwart David de Gea haben die Verantwortlichen von ManUnited zurückgezogen. Wohlgemerkt, nachdem der Spanier dem ursprünglichen Angebot des Klubs zugestimmt hatte. Das führte dazu, dass der treue de Gea den Klub nach zwölf Jahren ablösefrei verlassen wird.

Während United also jetzt zum Beispiel mit Inter Mailand über eine Verpflichtung von Keeper André Onana, mit Atalanta Bergamo für Rasmus Höjlund und mit anderen Klubs verhandelt, um den Kader von Erik ten Hag für die kommende Saison zu verstärken, wissen die Vereine auf der anderen Seite des Verhandlungstisches, dass sie die Red Devils auf die Schippe nehmen können.

  1. Alles Geld für Antony rausgeschmissen
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    Alles Geld für Antony rausgeschmissen

    Einer der Gründe, warum United dazu neigt, zu viel für Spieler zu bezahlen, ist, dass die Verantwortlichen oft versuchen, einen Deal nach dem anderen abzuschließen. Sobald sie sich auf ein Transferziel fixiert haben, blicken sie weder nach links, noch nach rechts und sind bereit, alles zu tun, bis sie den Deal unter Dach und Fach haben.

    Das Ergebnis ist, dass sie für den gewünschten Spieler oft viel zu viel bezahlen, weil sie ja keinen Hehl darum machen, dass sie den Spieler unbedingt haben wollen - koste es, was es wolle.

    Ein Beispiel dafür ist das Bemühen um Antony von Ajax Amsterdam im letzten Sommer. Die Niederländer wollten den brasilianischen Flügelstürmer nicht verkaufen und merkten, dass United ihn unbedingt haben wollte. Der damalige Geschäftsführer von Ajax, Edwin van der Sar, gab zu, dass Ajax die gesamte Verhandlungsmacht hatte.

    Er sagte The Athletic: "Wir hätten ihn gerne noch ein Jahr länger hier behalten, wir mussten ihn nicht unbedingt verkaufen, wir hatten Geld auf der Bank. Aber die Ablösesumme war so hoch. Wir haben United herausgefordert, so weit wie möglich zu gehen.

    United hatte zu Beginn des Sommers erklärt, dass man nicht mehr als 70,5 Millionen Euro für Antony zahlen würde. Am Ende wurden es 100 Millionen. Die Folge: United hatte im Winter kein Geld mehr für weitere Käufe. Während der FC Liverpool den von United umworbenen Cody Gakpo verpflichtete, konnte Ten Hag nach dem Verlust von Cristiano Ronaldo im November nur Wout Weghorst und Bayern-Flop Marcel Sabitzer auf Leihbasis verpflichten.

  2. Manchester City bei Harry Maguire überboten
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    Manchester City bei Harry Maguire überboten

    Ähnlich verhielt es sich mit Harry Maguire. Der englische Innenverteidiger war nach einer hervorragenden Weltmeisterschaft 2018 José Mourinhos Wunschspieler Nr. 1 und war für 70 Millionen Euro zu haben, aber United war nicht bereit, den portugiesischen Trainer zu unterstützen.

    Im darauffolgenden Sommer, als Maguires Wert noch weiter gestiegen war, bekundete auch Manchester City Interesse an dem Verteidiger, woraufhin Leicester satte 100 Millionen Pfund (118 Millionen Euro) für ihn forderte. City zog die Schmerzgrenze bei 70 Millionen Pfund, was United locker überbot: Am Ende zahlten die Roten 80 Millionen Pfund für Harry Maguire.

    Vier Jahre später ist Maguire zwar ein zweifelhaftes Internet-Phänomen, in der Hackordnung der Innenverteidiger von United steht er jedoch an fünfter Stelle. In der vergangenen Saison stand er nur in acht Premier-League-Spielen in der Startelf und musste sogar in einigen Partien seinen Platz an Linksverteidiger Luke Shaw abgeben.

    Er passte zwar zum Fußballstil, den Mourinho und Ole Gunnar Solskjaer spielen lassen wollten, und ist immer noch ein Schlüsselspieler für Englands Nationaltrainer Gareth Southgate, aber Maguire tut sich im Ballbesitz und mit der höheren Abwehrreihe ten Hag schwer.

    United wäre bereit, Maguire in diesem Sommer zu verkaufen, hat aber Berichten zufolge eine Ablösesumme von rund 60 Millionen Euro festgesetzt. Das dürfte potenzielle Interessenten abschrecken und könnte dazu führen, dass sein tatsächlicher Preis noch weiter sinkt. Der Versuch, den besten Preis für Maguire zu erzielen, könnte dazu führen, dass United auf lange Sicht einen schlechteren Preis erzielen wird.

  3. United muss sich ein Beispiel an Manchester City nehmen
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    United muss sich ein Beispiel an Manchester City nehmen

    Eine Sache, die City bei Verhandlungen von United unterscheidet, ist die Bereitschaft, auf ein Geschäft zu verzichten. Letzten Sommer waren die Sky Blues an Marc Cucurella von Brighton interessiert, haben aber ihr Interesse zurückgefahren, als 53 Millionen Euro aufgerufen wurde. City entschied sich stattdessen für Sergio Gomez von Borussia Dortmund und zahlte für den Back-up 13 Millionen Euro Ablöse.

    Cucurella wechselte unterdessen für 65 Mio. Euro zum FC Chelsea und erlebte eine schreckliche Debütsaison. Auch Gomez schlug sich nicht gut für City, spielte nur 340 Minuten in der Premier League und stand in zwei Spielen in der Startelf, aber der englische Meister setzte in den Verhandlungen mit Brighton einen wichtigen Punkt und zeigte, dass er sich nicht ausnehmen lassen werde.

    Manchmal verpflichtet City auch Spieler für andere Positionen, wenn die Verantwortlichen einen Schlussstrich gezogen haben. City hat immer einen Plan B in der Tasche. Nach dem Ausstieg aus dem Maguire-Deal im Jahr 2019 entschied City, dass man keinen neuen Innenverteidiger brauchte, beförderte Eric Garcia aus der Akademie und gab sein Geld stattdessen für Rodri und João Cancelo aus.

    City zog sich auch von Verhandlungen für Kalidou Koulibaly und Jorginho zurück, nachdem es die Preisvorstellungen von Chelsea erfuhr und tat dasselbe in diesem Sommer mit Bayern-Flirt Declan Rice, so dass am Ende der FC Arsenal den Zuschlag erhielt.

  4. Chelsea gezahlt, was Chelsea für Mount haben wollte
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    Chelsea gezahlt, was Chelsea für Mount haben wollte

    United hätte die Möglichkeit gehabt, dem FC Chelsea einen niedrigeren Preis für Mason Mount abzuringen, da der Mittelfeldspieler im letzten Jahr seines Vertrages mit seinem Heimatverein stand und im Juli 2024 ablösefrei zu haben wäre. Und United versuchte es ja, das erste Angebot lag bei 47 Millionen Euro.

    Chelsea lehnte ab. Doch statt auf dem Preis zu beharren und darauf zu setzen, dass Chelsea in Panik geraten würde, weil die Londoner vor dem 30.6. für Transfereinnahmen sorgen mussten, um die Bilanz aufzubessern, erklärte sich United ohne Not bereit, 65 Millionen Euro Garantiebetrag für ihn zu zahlen plus noch rund fünf Millionen Euro an einfach zu erreichenden Boni.

    Das ist eine enorme Summe für einen Spieler, der an der Stamford Bridge aufgrund seiner Vertragssituation in Ungnade gefallen war und in der vergangenen Saison nur drei Tore erzielte.

    Lokalrivale City verpflichtete Mateo Kovacic, dessen Vertrag bei Chelsea ebenfalls 2024 ausgelaufen wäre, übrigens für rund 30 Millionen Euro.

  5. Zwei Fehler bei de Gea
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    Zwei Fehler bei de Gea

    Uniteds mangelndes Geschick bei den Verhandlungen mit Mount wurde jedoch bald von der schlechten Behandlung von De Gea überschattet. Berichten zufolge hatte sich der Verein auf einen neuen Vertrag für den Spanier geeinigt, und der Torhüter hatte erwartet, im Juli zur Saisonvorbereitung zurückzukehren nach Manchester. Wie jedes Jahr seit 2011. Er war dann schockiert, dass das Angebot zurückgezogen wurde.

    Die Trennung von De Gea und die Verpflichtung eines vorausschauenden, modernen und ballsicheren Torhüters wie André Onana ist sportlich der richtige Schritt des Vereins. Aber der Umgang mit de Gea lässt den Klub unbeholfen und unentschlossen erscheinen und könnte potenzielle Neuzugänge davon abhalten, mit dem Verein zu verhandeln.

    Die plötzliche Absage an den langjährigen Keeper war noch nicht einmal die unglücklichste Entscheisung in dieser Posse. 2019 erhielt de Gea einen Vertrag, der ihm 450.000 Euro pro Woche garantierte, was ihn damals zum bestbezahlten Spieler der Premier League machte. Der Vertrag trieb nicht nur die Gehaltskosten in die Höhe, sondern verringerte auch die Chancen von United, De Gea irgendwann verkaufen zu können. Nun geht er ablösefrei.

  6. United kann nicht verkaufen
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    United kann nicht verkaufen

    De Gea ist bei weitem nicht der einzige hochkarätige Spieler, der United in den letzten Jahren umsonst verlassen hat. Paul Pogba, Juan Mata, Ander Herrera, Nemanja Matic und Jesse Lingard verließen den Verein nach Ablauf ihrer Verträge.

    Die Unfähigkeit des Klubs, Ablösesummen für Spieler zu generieren, führt dazu, dass der Klub bei den Spielerverkäufen zwischen 2013 und 2023 mit nur 156 Millionen Euro das Schlusslicht der Großen Sechs Klubs in der Premier League bildet.

    Uniteds schlechte Transferplanung in der Vergangenheit führt dazu, dass der Klub in diesem Sommer dringend Spieler verkaufen muss, um den Kauf eines Stürmers zu finanzieren. Schließlich wurde bereits gut die Hälfte der rund 141 Millionen Euro ausgegeben, die United aufgrund der Rentabilitäts- und Nachhaltigkeitsregeln der Premier League maximal ausgeben darf.

    Die Verantwortlichen müssen dringend härter verhandeln oder beim Scouten das Netz weiter auswerfen. Sonst riskieren sie, dass ten Hag auf dem Leihmarkt nach dem nächsten Weghorst fischen muss.